Ein Gedicht von Tina Klösters (Morscholz)
Der Löwenzahn in halber Pracht
sein Aug’ noch zugeschlossen hat.
Er will uns sagen: “Schaut nur her!
Bald seht ihr von mir noch viel mehr!
Die Zeit wird kommen, glaubt daran,
die Sonn’ verscheucht die Kälte dann.”
Der Mensch doch sieht noch alles grau:
Dem Löwenzahn, dem ich nicht trau!
Woher soll die kleine Pflanz’
wissen von dem Sonnentanz?
Doch lieber Mensch, du bist so klein,
es will nicht in dein Köpfchen rein.
Der Löwenzahn, er weiß viel mehr
als du es tust. Schau doch mal her!
Und siehe da: im gold’nen Gelb
entzückt er schon die ganze Welt.
Er hatte recht, der kleine Wicht,
nur der Mensch, der wusst’s noch nicht.
Kaum steht der Löwenzahn im Gelb,
so kommt der Tag, ist er schon welk.
Der güld’ne Teller nimmt sodann
die Form der weißen Kugel an.
Prächtig gelb und saftig einst,
in voller Jugend er da stand.
Die Wiesen blühen, und du meinst,
so voller Lust das ganze Land.
Doch am Löwenzahn du siehst,
dass auch du nicht ewig blühst.
So wie des Löwenzahnes Kopf,
erweißt auch du an deinem Schopf.
Doch nur im Außen wirst du weiß,
im Innern Jahr für Jahr mehr weis’.
Das Leben zeichnet außen dich,
die Jugend ist dort vergänglich.
Die Weisheit aber wacht jetzt auf,
und du verstehst des Lebens’ Lauf.
Jedes Fältchen nimmst du an,
ist’s doch ein Mal des Wissens dann.
Und wenn ein Kind die Blume pust ‘,
wie schön zu seh’n, dass es nicht wusst’, was ihm im Leben noch geschieht.
Die Pusteblum’ kennt schon ihr Lied.